Was ist ADHS

22.05.2024

ADHS ist eine komplexe Verhaltensstörung, die sich durch Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität auszeichnet. Erfahre mehr über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten dieser oft missverstandenen Neurodivergenz.

Was ist eigentlich ADHS?

ADHS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine Verhaltensstörung, die durch verschiedene Schwierigkeiten, aber auch einige Ressourcen gekennzeichnet ist. In der aktuellen Klassifikation ICD-11 wird ADHS explizit unter diesem Namen geführt. Zuvor war es in der ICD-10 unter dem Code F90 "Hyperkinetische Störungen" zu finden.

Ursachen und Entstehung von ADHS

Die genaue Ursache von ADHS ist bis heute nicht vollständig geklärt. Einige Expert:innen vermuten, dass Menschen mit ADHS eine unzureichende Menge an Neurotransmittern haben, die für die Kontrolle von Aufmerksamkeit und Konzentration verantwortlich sind. Weitere Faktoren, die eine Rolle spielen können, sind:

  • Hohe Bleibelastung in der Schwangerschaft: Schwermetalle wie Blei können die Entwicklung des Gehirns beeinflussen.
  • Komplizierte Geburt oder Frühgeburt: Sauerstoffmangel oder andere Komplikationen können neurologische Folgen haben.
  • Genetische Vorbelastung: ADHS tritt oft familiär gehäuft auf.

Behandlungsmöglichkeiten

Zwar gibt es bisher keine Heilung für ADHS, aber Medikamente, Psychotherapie und spezielle Unterstützungsangebote können helfen, die Symptome zu lindern. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen und das Lesen über das Störungsbild können dabei unterstützen, sich mit der Diagnose anzufreunden und sie besser zu verstehen.
Wie die Medikamente wirken und welche Therapieformen besonders hilfreich sein können, werde ich in einem anderen Artikel ausführlich darlegen.

Hauptsymptome von ADHS

ADHS kann sich auf verschiedene Weisen zeigen, was die Diagnose oft schwierig macht. Die Hauptsymptome umfassen:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit auf eine Sache zu richten und Aufgaben abzuschließen. Beispielsweise kann es passieren, dass Betroffene ständig ihren Arbeitsplatz verlassen, weil sie von anderen Gedanken oder äußeren Reizen abgelenkt werden.
  • Hyperaktivität: Unruhe und das Bedürfnis, sich ständig zu bewegen. Ein typisches Beispiel ist das ständige Wippen mit dem Fuß oder das unruhige Hin- und Herlaufen, selbst in Situationen, in denen Stillsitzen erforderlich wäre.
  • Impulsivität: Schwierigkeiten, Impulse zu kontrollieren, was zu unüberlegten Handlungen führen kann. Dies zeigt sich zum Beispiel in impulsiven Käufen oder schnellen, emotionalen Reaktionen auf alltägliche Situationen.

ADHS im Erwachsenenalter

Es wurde lange Zeit angenommen, dass ADHS eine Kinderkrankheit ist, die im Erwachsenenalter verschwindet. Diese Annahme ist jedoch widerlegt. Viele Erwachsene leiden weiterhin unter den charakteristischen ADHS-Symptomen und den damit verbundenen Schwierigkeiten. Allerdings zeigen sie sich oft auch anders als bei Kindern. Hyperaktivität beispielsweise äußert sich nicht mehr unbedingt in Herumrennen, sondern, wie oben beschrieben, durch permanentes Wippen mit dem Fuß oder ähnlichem.

Ein weiteres anschauliches Beispiel: Viele Erwachsene mit ADHS berichten, dass sie häufig Termine vergessen oder Absprachen nicht einhalten können, was im beruflichen und privaten Leben zu erheblichen Problemen führen kann.

ADHS im Erwachsenenalter wurde erst in den 2000er Jahren in Deutschland offiziell anerkannt.

Weniger bekannte Symptome

Neben den bekannten Hauptsymptomen gibt es weitere, weniger bekannte Symptome:

  • Emotionale Instabilität: Starke und plötzliche Emotionen, die schwer zu kontrollieren sind. Betroffene können zum Beispiel ohne ersichtlichen Grund schnell wütend oder traurig werden.
  • Reizüberflutung: Schwierigkeiten, viele verschiedene Reize zu verarbeiten, was zu Überforderung führen kann. In einem vollen Einkaufszentrum können Betroffene schnell gestresst oder überfordert sein.
  • Zeitblindheit: Probleme, die Zeit wahrzunehmen und sich zu organisieren. Ein Termin um 12:00 Uhr kann dazu führen, dass die gesamte Zeit davor als „gleich losmüssen“ empfunden wird, selbst wenn es erst 09:00 Uhr ist.
  • Exekutive Dysfunktion: Schwächen in Planung, Organisation und Impulskontrolle. Dies kann sich in der Unfähigkeit zeigen, Aufgaben zu strukturieren oder langfristige Projekte zu planen und umzusetzen.
  • Kommunikationsschwierigkeiten: Überforderung durch digitale Kommunikation, die zu Kontaktabbrüchen führen kann. Nachrichten bleiben unbeantwortet, was von Freund:innen als „Ghosting“ wahrgenommen werden kann.
  • Rejection Sensitivity Dysphoria (RSD): Überempfindlichkeit auf Ablehnung oder Kritik. Betroffene können extrem stark auf negative Rückmeldungen reagieren, was zu sozialer Angst führen kann.
  • Body-focused repetitive behavior: Wiederholtes Zupfen, Ziehen oder Kauen an Körperteilen. Häufiges Nägelkauen oder zwanghaftes Knibbeln an der Haut sind typische Beispiele.
  • People-Pleasing: Starkes Bedürfnis, anderen zu gefallen, um Anerkennung zu erhalten. Dieses Verhalten kann zu Überanpassung und Stress führen, da die eigenen Bedürfnisse vernachlässigt werden.
  • Masking: Der Versuch, ADHS-Symptome zu verstecken, um in sozialen Situationen besser zu funktionieren. Dies kann extrem anstrengend sein und dazu führen, dass Betroffene nach einem Tag des „Masking“ völlig erschöpft sind.
  • Mangelnde Objektpermanenz: Schwierigkeiten, sich an Objekte oder Personen zu erinnern, wenn sie nicht mehr sichtbar sind. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ beschreibt dieses Phänomen gut.
  • Verschuldung: Unübersichtlicher Umgang mit Geld, der zu finanziellen Problemen führen kann. Mahngebühren für nicht gezahlte Rechnungen, Impulskäufe und nicht gekündigte Abos sind häufige Probleme.

Alltägliche Herausforderungen

ADHS kann im Berufs- und Privatleben zu vielen Problemen führen, wie:

  • Vergessen von Terminen: Wichtige Verabredungen oder Meetings werden regelmäßig verpasst.
  • Nichteinhalten von Absprachen: Abmachungen mit Freund:innen oder Kolleg:innen werden nicht eingehalten.
  • Ständiges Verzetteln: Aufgaben werden nicht abgeschlossen, weil ständig neue angefangen werden.
  • Schwierigkeiten bei der langfristigen Planung: Projekte werden nicht durchdacht geplant und enden oft im Chaos.
  • Unfähigkeit, jemandem länger zuzuhören: Gespräche können nicht konzentriert verfolgt werden, was zu Missverständnissen führt.

Diese Schwierigkeiten bedingen sich oft gegenseitig und können neue Probleme verursachen. Betroffene erleben häufig eine starke Belastung und deutliche Einschränkungen im täglichen Leben.

Fazit

ADHS ist eine komplexe Störung mit vielen Facetten. Es ist wichtig, sich über die verschiedenen Aspekte zu informieren und Unterstützung zu suchen, um besser mit den Symptomen umzugehen. Durch Verständnis und geeignete Maßnahmen können Betroffene trotz der Herausforderungen ein erfülltes Leben führen.