Folge 6 - Wie sich unsere Symptome verändert haben
15.07.2024
In dieser Folge sprechen wir darüber, wie sich ihre ADHS-Symptome im Laufe ihres Erwachsenwerdens verändert haben. Wir diskutieren darüber, dass sich die Symptome bei vielen Menschen mit ADHS im Laufe der Zeit stark verändern und dass dies oft mit dem Entwickeln von Bewältigungsstrategien zusammenhängt.
Zur FolgeTakeaways
- Die Symptome von ADHS können sich im Laufe des Erwachsenwerdens stark verändern.
- Das Entwickeln von Bewältigungsstrategien kann helfen, besser mit den Symptomen umzugehen.
- Bestimmte Symptome wie RSD können im Laufe des Lebens stärker werden.
- Es ist wichtig, Grenzen zu setzen und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.
- Masking, das Verstecken von ADHS-Symptomen, kann eine Strategie sein, um Scham und Ablehnung zu vermeiden.
- Pacing, das bewusste Anpassen von Aktivitäten und Beziehungen, kann helfen, Überforderung zu reduzieren.
- Die Diagnose ADHS kann eine Erklärung für langjährige Probleme und Symptome bieten und zu einer neuen Perspektive führen.
- Es ist wichtig, sich mit der eigenen ADHS-Symptomatik auseinanderzusetzen und den eigenen Umgang damit zu reflektieren.
Transkript Folge 6
Johannes (00:00.268)
Herzlich willkommen bei Oversharing, dem ADHS Podcast mit Johannes und
Mittlerweile kann ich den Namen des Podcasts. Ich bin begeistert.
Hannah (00:08.808)
Sehr gut, sehr, sehr gut. In unserer letzten Folge haben wir ja über diese zwei Artikel über ADHS gesprochen und in diesem Zusammenhang haben wir uns so ein bisschen damit auseinandergesetzt, wie zeigen sich eigentlich unsere Symptome im Alltag beziehungsweise, wie haben die sich verändert im Laufe unseres Erwachsenwerdens und wie hat sich eigentlich auch so unser
unsere Einstellung zu ADHS und zu den Symptomen eventuell verändert.
Johannes (00:45.26)
Genau. Bei vielen Menschen mit ADHS ist das ja so, dass sich ihre Symptome wirklich stark verändern. Früher dachte man ja beispielsweise auch, dass sich bei Kindern mit ADHS, die ADHS auswächst, dass es eigentlich überhaupt keine Erwachsenenproblematik gibt. Was natürlich damit zusammenhängt, dass sich halt Symptome verändern, dass wir vielleicht anfangen, bestimmte Symptome eher zu internalisieren, dass vielleicht wirklich andere Symptome einfach auch...
weggehen, dafür kommen wiederum andere dazu. Ich kann für mich sagen, dass wenn ich jetzt auch so rückblickend schaue, dass sich meine Symptome sehr stark verändert haben. Kannst du das auch sagen?
Hannah (01:25.056)
Ja, das weiß ich gar nicht so genau, ob sie sich so stark verändert haben. Ich glaube einfach, sie zeigen sich jetzt ein bisschen anders und was ja auch passiert ist einfach, dass wir im Laufe unseres Lebens immer mehr Coping -Strategien entwickeln und dadurch dann natürlich auch anders mit diesen ganzen Sachen umgehen können.
Johannes (01:48.108)
Ja, auf jeden Fall. Ich finde es aber auch ganz interessant, dass bei mir einige Symptome mit der Zeit auf jeden Fall stärker geworden sind und nicht nur schwächer. Ich habe da tatsächlich auch Beispiele für, wo ich merke, dass ich mittlerweile nicht mehr so resilient bin und das sind beispielsweise große und langer Kontakt zur Person. Also früher war es für mich überhaupt kein Problem, ein ganzes Wochenende auf dem Festival zu sein, irgendwie
wochenlang in der familie irgendwie urlaub zu machen oder was weiß ich und heute merke ich schon es gibt da bestimmte grenzen die ich einhalten muss die aber viel enger sind als früher also beispielsweise ich mache gerne live rollen spielen live rollen spielen heißt oft also bei der gruppe in der ich bin oft von freitags bis sonntags und ich merke schon dass ich mittlerweile samstags schon einfach durch bin teilweise und einfach mich echt mal so eine stunde oder zwei aus der gruppe rausnehmen muss nicht irgendwann
keine Ahnung, Meltdown zu bekommen. Oder ich bekomme den teilweise dann auch einfach auf den Lapp, was einfach nicht gut ist. Und ich merke auch beispielsweise, dass so ein ganzes Wochenende mit meiner kompletten Familie auch manchmal einfach sehr anstrengend ist.
Hannah (02:48.072)
Mh.
Hannah (03:00.904)
Ich glaube tatsächlich, also das ist jetzt nur meine Hypothese, dass vielleicht sich das gar nicht so sehr verstärkt hat, sondern dass man hoffentlich, je älter man wird und vielleicht auch mal in Therapie war oder Namen für diese ganzen Sachen hat, es einem einfacher fällt Grenzen zu setzen und auf seine eigenen Bedürfnisse zu hören. Also eventuell war das früher für dich auch schon total anstrengend, aber
Du konntest dir nicht so gut eingestehen, dass es jetzt vielleicht gut wäre, mal kurz ein bisschen zurückzutreten. Und dann hat sich das vielleicht in dem Moment nicht so gezeigt, weil du so sehr dabei warst, da drin zu sein, aber hat sich vielleicht dann die Woche danach gerecht und du warst super fertig und erschöpft. Den Zusammenhang hast du aber vielleicht nicht gekriegt. Also, ich sag jetzt du, ich mein aber auch mich, ich mein jetzt so ein allgemeines du. Das war jetzt einfach nur ein gutes Beispiel dafür.
Weil ich glaube, dass es mir auf jeden Fall so geht. Ich bin schon immer ein super extrovertierter Mensch gewesen. Und ich sag das wirklich in diesem Superlativ super extrovertiert. Weil ich tatsächlich gerne unter Menschen bin und ich glaube auch, ich schöpfe da größtenteils Kraft. Mittlerweile denke ich aber auch oft, boah geil, ich hab mal einen Abend für mich. So dieses Wochenende zum Beispiel habe ich Sturm frei und ich finde es richtig geil.
dass ich mir nicht alles komplett voll geballert habe mit Verabredungen und sonst was, sondern dass ich auch einfach mal ein bisschen bei mir auf der Couch rumgammeln kann und mich so ein bisschen rechargen kann. Das hätte ich früher mir wahrscheinlich nicht so erlaubt, hätte es aber vermutlich trotzdem gebraucht.
Johannes (04:41.452)
Ja? Hast du bei dir bei irgendetwas das Gefühl, dass deine Symptome stärker geworden sind in irgendwelchen Fällen?
Hannah (04:53.011)
Ich glaube, also zum Beispiel haben wir ja schon öfter auch über RSD gesprochen und ich glaube, dass ist so im Laufe des Lebens stärker geworden, aber das hängt vermutlich auch damit zusammen, dass man einfach auch immer mehr Situationen erlebt hat, in denen man irgendwie gemerkt hat, hier ecke ich jetzt gerade an oder hier hat was nicht so geklappt, wie ich mir das gewünscht habe oder hier sind Freundschaften zu Bruch gegangen, von denen ich mir gewünscht hätte, dass sie nicht zu Bruch gegangen wären.
Das ist ja was, was sich dann potenziert.
Johannes (05:21.772)
Das ist ganz interessant, weil das würde ich ähnlich sehen. Aber gleichzeitig habe ich da mal kurz drüber nachgedacht und es mir aufgefallen, dass ich diese Symptome auch schon sehr stark in relativ früher Zeit hatte. Nur ich glaube selten da. Also ich glaube nicht, dass das bei mir schlimmer geworden ist, aber es ist häufiger geworden.
Hannah (05:44.163)
Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, ob das fachlich so richtig sauber ist, was ich gerade gesagt habe. Also ich glaube, da gibt es auch so ein paar widersprüchliche Sachen zu, dass das sich nicht so potenziert. Da will ich mich gerade nicht so ganz darauf festnageln, weil ich es einfach gerade nicht so weiß. Das könnten wir vielleicht nochmal in die Show Notes nachliefern, wie es denn nun wirklich ist. Ich weiß auch, dass ich früher schon sehr sensibel war mit Ablehnung und Zurückweisung.
Ich glaube übrigens, das was ich meine mit fachlich nicht ganz sauber ist, dass es keinen so richtig bewiesenen Zusammenhang zwischen Traumaerfahrung und RSD gibt. Aber wie gesagt, das liefern wir nochmal nach.
Johannes (06:24.94)
was glaube ich einfach daran nicht das rsd selbst kaum erforscht ist bislang
Hannah (06:30.184)
Ja, ich finde, das klingt auch logisch, also mal ganz davon ab. Ich finde, der Zusammenhang erscheint mir sehr logisch, aber fachlich beweisen kann ich ihn jetzt gerade nicht. Deswegen ist mir das wichtig, das zu sagen, dass das eine Hypothese ist und kein gesicherter Fakt. Ja, also ich glaube, früher war das auf jeden Fall auch schon Thema. Ich glaube, es hat sich ein bisschen verstärkt, gerade so in der Pubertät, weil Pubertät ist ja dafür auch prädestiniert. Und ich würde aber auch sagen, es hat sich jetzt wieder verändert, weil ich jetzt
seit ein paar Jahren mich ja wieder auch aktiver mit meiner Diagnose und mit meinen Symptomen beschäftigt habe und ich auch mich mehr damit beschäftigt habe, wie ich dem entgegentreten kann. Und das heißt, es hat sich jetzt wieder ein bisschen verändert, weil ich nicht mehr so sehr dadurch beeinträchtigt bin und mein Leidensdruck sich einfach verringert hat.
Johannes (07:17.48)
Und jetzt mal ganz anders gefragt, hast du auch Symptome, also du bist ja sehr früh diagnostiziert worden, anders als ich, hast du auch Symptome, die du vielleicht als Kind oder als Jugendliche sehr stark gespürt hast, die du jetzt deutlich weniger stark spürst oder wo du das Gefühl hast, sehr gute Copying -Mechanismen entwickelt zu haben?
Hannah (07:36.584)
Also ich glaube, wenn ich jetzt so zurückgucke, dann ist eins meiner prägnantesten Symptome in der Kindheit einfach so eine sehr, sehr krasse Unstrukturiertheit und Unorganisiertheit gewesen. Also von Tonbeutel vergessen zu ich glaube meine Mutter hat mal erzählt, dass sie bei einem Elternsprechtag vor den Sommerferien irgendwie drei Anoraks mitgenommen hat, von denen keiner mehr wusste, dass sie existiert haben, die ich alle in der Schule gelassen habe.
zu ich habe mal eine schlechte Note an Mathe in der vierten Klasse bekommen, weil ich mein Radiergummi und meinen Anspitzer nicht mit hatte und dann meinen Stift nicht anspitzen konnte und die Zeichnungen dann so nicht sauber genug waren. Und auch, also ich glaube, dieser rote Faden hat mir oft gefehlt, dass ich zum Beispiel, wenn ich so Aufsätze geschrieben habe, mir keiner folgen konnte und ich auch einfach nicht fertig geworden bin.
Und das hat sich schon verändert, würde ich sagen. Ich bin immer noch ein unordentlicher Mensch. Ich glaube, das kriege ich auch nicht so ganz raus. Aber ich würde jetzt einfach mal behaupten, ich habe da bessere Strategien entwickelt, wie es zumindest nicht mehr andere Leute so beeinträchtigt. Also wenn man nicht alleine lebt, muss man ja auch immer ein bisschen gucken, was macht meinen Chaos mit anderen.
Und ich glaube da habe ich auf jeden Fall gute Strategien für mich entwickelt, dass es nicht mehr so stark andere Leute belastet. Es ist nicht weg, aber es ist anders. Also mein Kinderzimmer war auch nie aufgeräumt zum Beispiel. Ich weiß nicht wie oft ich mich gefragt habe, wie ich jetzt noch zu meinem Bett kommen soll, weil der Boden einfach komplett voll war.
Johannes (09:19.852)
Wann?
Johannes (09:29.164)
Das war ein ständiges Streitthema mit meinen Eltern.
. Ja, das war auch ständig ein Streitthema zwischen meinen Eltern und mir. Das ist bis heute ein ganz großes Streitthema zwischen meiner Mutter und mir. Und ich glaube, das ist zumindest über eine lange Zeit das ADHS -Symptom gewesen, das mich am meisten belastet hat. Ich habe ständig Turnbeutel
verloren, ich hab so oft Turnbeutel zu Hause vergessen, ich hab Kunstsachen vergessen, ich hab Hausaufgaben nicht gemacht, ich hab einfach, wenn ich die vergessen habe, die zu machen, ich weiß, so eine der sich ganz krass festhängenden Sachen ist, ich habe irgendwann mal vergessen, bei einer Hausaufgabe was mitzuschreiben und habe mich so sehr dafür geschämt, dass ich dann irgendwann Tade bekomme, weil ich diese Hausaufgabe nicht gemacht habe und ich
Ich habe da sehr lange sehr stark mit gestruggelt und ich glaube auch, dass das tatsächlich das ist, was bei mir am besten geworden ist. Ich bin zwar immer noch bekannt dafür, unordentlich zu sein, aber durch mein Studium, also ich habe Jura studiert und auch durch meine Hobbies, also zum Beispiel Pen and Paper Rollen spielen, muss ich halt zumindest eine gewisse Struktur in bestimmte Dinge bringen und musste das lernen, weil das sonst nicht...
funktioniert, sowohl spieleiten nicht als auch Masterstudium nicht. Und ich glaube, dass ich dadurch schon viel gelernt habe, strukturierter zu sein, als ich es ursprünglich war.
Hannah (01:52.713)
Ich glaube auch bei mir ist ganz klar der Unterschied, dass ich auch gelernt habe, wo es für mich wichtig ist strukturiert zu sein und wo es halt auch einfach vielleicht nicht so wichtig ist und wo ich dann die Energie sparen kann, sie bei anderen Dingen einzusetzen. Also ich glaube, wer zum Beispiel hier bei mir in der Praxis ist,
wird mich überhaupt nicht unstrukturiert wahrnehmen, weil ich das hier auch einfach nicht bin. Ich bin gut darin, Dinge zu planen. Ich bin hier sehr strukturiert und ich bin auch in vielen anderen Bereichen meines Lebens mittlerweile sehr, sehr strukturiert.
nur vielleicht nicht bei der Ordnung meines Schranks. Ich glaube, es hat sich einfach dahingehend verändert, dass es nicht mehr so eine allgegenwärtige Eigenschaft meiner Persönlichkeit ist, sondern dass es jetzt nur noch in gewissen Teilen stattfindet und ich auch gelernt habe, zum Beispiel durchs Studium oder auch durch andere Dinge, wie ich damit umgehen kann. Und ich habe auch gerade noch gedacht, ich glaube, ein ganz, ganz wichtiges
Johannes (02:49.774)
Ja.
Hannah (02:54.185)
Was sich verändert hat bei mir ist Masking.
Weil ich mach das nicht mehr so viel, glaube ich. Also, als du so erzählt hast von dieser schlechten Note, gerade habe ich gedacht, was ich früher auf jeden Fall total oft gemacht habe, ist Lügen. Ich habe super viel gelogen, weil ich mich so krass geschämt habe für viele Dinge. Also, hast du das und das schon gemacht? Ja, habe ich. Habe ich natürlich nicht. Dann ist das mir irgendwann auf die Füße gefallen, weil ich habe dann auch wieder vergessen, dass ich das dann noch machen muss, damit meine Lüge nicht auffällt. Und ich habe wirklich viel gelogen. In meinem Kindesalter und in der ...
Johannes (03:10.862)
Ja.
Hannah (03:30.793)
und so und auch später noch wenn ich einfach nicht in der Lage war Entscheidungen zu treffen und deswegen bin ich dann auf das Masking gekommen, weil ich glaube das ist so eine Form von Masking, also den Schein aufrecht erhalten wollen, indem man erstmal lügt und das auch als so ein super krasser schneller Impuls, den man irgendwie schlecht verhindern kann, weil das so ein Schutzmechanismus ist. Man wird irgendwas gefragt, wofür man sich schämt und sagt man erstmal eine Lüge.
das von sich fernzuhalten.
Johannes (04:02.254)
diesen Impuls habe ich tatsächlich heute noch, muss ich ganz deutlich sagen. Ich tu das auch fast gar nicht mehr oder korrigiere mich dann sehr schnell, wenn ich sage, nee, das meinte ich eigentlich gar nicht so. Und ja, dieses Masking, also gerade ich würde mal sagen, RSD -Situationen, also Situationen, wo man Ablehnungen erleben könnte zu umgehen, das hatte ich auch sehr stark. Also beispielsweise ich war
Früher bis heute teilweise sehr guter drin Termine doppelt zu legen. Also ich weiß nicht. Ich habe mich mit einem Freund am Samstag verabredet und dann eine Woche später mit einer Freundin umgleichen. Und dann habe ich meistens eine Person abgesagt mit keiner Ahnung. Ich bin krank. Was weiß ich. Und musste dann schon immer so ein bisschen Buch führen. Wen habe ich der letzte Mal gesagt, dass ich krank bin, dann kann ich der Person jetzt nicht schon wieder absagen oder ich brauche eine neue Ausrede. So oft ist man ja dann doch nicht krank. Das mache ich heute auch nicht mehr. Und was ich tatsächlich auch nicht mehr tue, das
hat vielleicht gar nicht so dringend was mit Masking zu tun, sondern ein bisschen mehr mit Organisationen, was wir gerade hatten noch. Ich sag nicht mehr einfach Dinge zu, wo ich mir relativ sicher bin, ich könnte sie beispielsweise vergessen. Also ich hab das häufiger auf der Arbeit, dass mir irgendwie Kollegen über den Zaun rufen, hey, du müsstest das und das bitte noch für mich machen oder könntest du noch das und das machen. Und dann sag ich, mach ich total gerne, aber ich hab jetzt gerade mein Laptop nicht mit, das heißt, ich werde mich nicht daran erinnern, nachher das zu tun. Bitte schreib mir ne E -Mail. Oder bitte erinner mich dann nochmal dran, wenn ich es bis Ende der Woche nicht gemacht habe.
Hannah (05:02.569)
Mhm.
Hannah (05:20.041)
Ja, war gut.
Hannah (05:24.937)
Das mache ich auch ganz viel.
Johannes (05:25.07)
Das ist... Ich setze mir zwar selbst Erinnerungen, aber... Und ich möchte natürlich auch nicht meine Tasks an andere externalisieren. Aber wenn ich Tasks von anderen bekomme in Situationen, wo ich mir keine Erinnerungen setzen kann, finde ich schon, dass es okay ist, dass die mich noch mal daran erinnern. Und da müssen dann auch... Da muss dann mein Umfeld ein bisschen mit leben.
Hannah (05:45.161)
Ja absolut, also das mache ich auch so, dass ich sage schreib mir bitte nochmal eine SMS oder eine WhatsApp oder eine E -Mail dann kann ich mir das ablegen und dann mache ich das auch so. Aber wenn ich mir das jetzt merken muss, dann kann ich sie es nicht versprechen und ich finde das ist auch super und ich finde das gehört aber auch irgendwie zum Masking und zu diesem Vermeiden von Lügen und zum Vermeiden, dass so viel Scham entstehen muss und so.
Johannes (05:50.51)
Genau.
Hannah (06:06.633)
Mir ist dieses Masken ja auch nochmal ganz doll im Thema Freundinnenschaft aufgefallen bei mir, weil ich glaube, dass ich oft auch dazu geneigt habe, mich irgendwie mehr anzupassen und mich auch für mich selber so zu schämen teilweise in der Vergangenheit, dass ich halt auch einfach in Freundschaften geraten bin, die eigentlich gar nicht so gut zu mir gepasst haben. Also ohne, dass jetzt die andere Person blöd war, sondern einfach weil wir gar nicht so gut
Johannes (06:11.278)
Ja.
Hannah (06:33.833)
vom Wertesystem zum Beispiel oder von den Interessen zusammengepasst haben, weil ich aber auch mich gar nicht getraut habe, so viel von mir zu zeigen. Und das hat sich auf jeden Fall doll verändert. Das hat sich aber auch einfach verändern dürfen, weil ich mit mir selber jetzt viel besser umgehe und auch viel selbstsicherer geworden bin und nicht nur so nach außen erschein ich selbstsicher, sondern ich bin auch von innen tatsächlich irgendwie sicherer und habe
stärkeren Selbstwert als früher und bin deswegen auch mehr der Überzeugung, dass ich auch eine gute Freundin bin und dass nicht nur ich gucken muss, kann ich genug geben, sondern dass ich auch prüfen darf, kriege ich eigentlich genug zurück und das hat sich ganz stark verändert damit, dass ich aufgehört habe so viel zu maskieren.
Johannes (07:21.518)
Ja, ich glaube, was bei mir noch deutlich stärker geworden ist, oder deutlich besser geworden ist, nicht stärker geworden ist, sondern besser geworden ist, sind tatsächlich meine mit ADHS zusammenhängenden Depressionen, die glaube ich eher eine Form von Über - oder Unterstimulation waren, vor allem Überstimulation. Heißt, ich bin da halt auch eher extrovertiert, heißt ich ziehe auch eher Kraft aus anderen Leuten, aber auch meine Kraft ist, also auch die Energie mit Menschen, die Zeit mit Menschen zu verbringen, ist halt bei mir begrenzt.
Was für mich heißt, dass ich aber oft, weil ich so viele Freunde habe und so viele Hobbys habe und so viele Interessen habe, ich könnte nicht 52 Wochenenden, ich könnte auch 150 Wochenenden pro Jahr füllen. Und ich musste irgendwann mal für mich lernen, dass das nicht mehr geht und dass ich tatsächlich auch Hobbys und auch Freundschaften ein bisschen zurückfahren muss, mich halt auf die engeren Freundschaften und die mir wichtigeren Hobbys zu konzentrieren.
Und das ist tatsächlich was, das habe ich so seit der Diagnose vor anderthalb Jahren gemacht, dadurch sind leider auch Freundschaften kaputt gegangen. Das heißt gar nicht, dass ich die Menschen nicht mag, sondern ich habe einfach gemerkt, dass ich so viele Freundschaften hatte, die konnte ich gar nicht in der Zeit, die mir bleibt pflegen. Führt aber dazu, dass ich seitdem psychisch viel besser dabei bin, weil ich halt einfach mehr Pacing betreibe.
Hannah (08:35.593)
Ja, definitiv.
Johannes (08:37.646)
Ich glaube tatsächlich, dass wir dieses ganze Thema Pacing oder diesen ganzen Themenkomplex Pacing, Masking und People -Pleasing auch nochmal aufgreifen sollten. Weil das, also auch aus meiner Erfahrung sind, ist gerade Pacing etwas, was meine Problematik mit ADHS so viel besser gemacht hat, dass wir da eigentlich bei uns länger darüber austauschen sollten.
Hannah (08:48.617)
Auf jeden Fall.
Hannah (09:02.168)
Ich mache das hier in der Praxis auch ganz häufig mit meinen Klientinnen.
Johannes (09:06.19)
Genau. Und ich glaube, also für mich war das wirklich so der Durchbruch, was bei der Depression anging, weil diese Dema deutlich besser geworden sind.
Hannah (09:17.737)
Ja, wir hatten ja am Anfang oder beziehungsweise ich hatte am Anfang auch gesagt, dass ein Thema sozusagen heute auch sein könnte. So wie stehe ich eigentlich zu meiner Diagnose? Und ich kann da vielleicht ein bisschen mehr zusammen als du, einfach weil ich die Diagnose schon so viel länger habe. Und das ist nämlich auch tatsächlich habe ich mir darüber Gedanken gemacht, schon bevor wir gesagt haben, wir sprechen darüber, weil ich noch so dachte, ich glaube, dass ich so ein
deutlich besseren Umgang jetzt habe mit mir selber und mit meiner Symptomatik liegt auch daran, dass ich halt vor einigen Jahren jetzt nochmal mich entschieden habe, mich damit auseinanderzusetzen. Weil ja, ich habe die Diagnose in der vierten Klasse bekommen und dann war das auch eine Zeit lang total wichtig und hat sehr viel in meinem Leben verändert, weil ich Medikamente bekommen habe, weil meine Eltern mich zur Lerntherapie angemeldet haben, weil ich plötzlich halt auch den Namen hatte und auch in der Schule dann anders umgehen konnte. Und dann
Es kam aber eine sehr lange Phase, wo es eigentlich gar keine Rolle mehr gespielt hat, weil es auch gesellschaftlich gar nicht so präsent war. Also ich wusste gar nicht so genau, was bedeutet das eigentlich für mich und habe auch gar nicht mehr so gedacht, dass das noch so ein Thema für mich ist. Also ich habe auch nicht meine ganze Schulzeit Medikamente genommen und auch im Studium nicht. Ich bin dann am Ende des Studiums nochmal zum Arzt gegangen und habe gesagt, hallo, ich kann meine Bachelorarbeit nicht schreiben.
wenn ich nicht Medikament habe. Ich krieg's einfach überhaupt nicht hin. Aber den Rest des Studiums hab ich zum Beispiel auch keine Medikamente genommen und dann auch eine sehr, sehr lange Zeit in der Arbeit nicht. Und dann hab ich ja erst... Wir haben jetzt 2024, also 2022 noch mal meine Diagnose bestätigen lassen bei meiner aktuellen Neurologin und auch seitdem erst wieder Medikamente. Und ich hab mich ganz doll gefragt, eine Zeit lang, warum ist das eigentlich so gewesen? Weil...
hatte ja mein Leben lang damit Probleme und ich glaube einfach, dass lag an verschiedenen Sachen nämlich einmal, dass natürlich die Symptome in stressigen Phasen sich deutlich mehr gezeigt haben und ich kann mich eigentlich nicht daran erinnern, wann ich mal keine stressige Phase hatte, ehrlicherweise. Also das ist einfach, gerade seit ich arbeite, hatte ich das Gefühl, dass ich über einen permanenten Stress war. Also wer so im Sozialbereich arbeitet, weiß vielleicht wovon ich spreche.
Hannah (11:42.441)
Das ist aber immer stärker geworden. Bevor ich in eigener Praxis war, habe ich in der Leitungsposition gearbeitet. Das war enorm stressig, ich kam gar nicht mehr klar. Meine Neurolung hat mich gefragt, ob sie die Tabletten brauchen, ihren aktuellen Stress aufrechterhalten zu können. Oder sind die Symptome auch da, wenn es ihnen psychisch nicht so schlecht geht? Dann habe ich festgestellt, die sind immer da. Nur jetzt sind sie so enorm, dass ich mit meinen normalen Strategien nicht mehr zurechtkomme.
Jetzt habe ich auch wieder weniger Stress hier in meiner Selbstständigkeit. Und trotzdem merke ich die Tage, wo ich Medikamente nicht nehme, sehr stark. Und da finde ich, ist es für mich nochmal, die Diagnose an sich hat sich ganz doll verändert. Also meine Stellung dazu, weil früher war das eher so ein Beiwerk, ich habe das halt, aber ich will mich damit auch gar nicht so auseinandersetzen. Das ist halt da, aber es gehört eigentlich nicht so richtig zu mir. Und jetzt ist es was, mit dem ich mich schon sehr identifiziere.
Nicht weil ich sag, meine Persönlichkeit ist ADHS, sondern eher weil ich es anders angenommen hab und einfach sag, ja, das gehört halt zu mir dazu. Und es ist vielleicht auch einfach ein wichtiger Teil, weil ich auch dadurch nochmal vielleicht anderen Betroffenen auch hier in der Arbeit anders helfen kann, weil ich einfach auch weiß, wovon ich spreche.
Johannes (12:55.822)
Ich finde es ja ganz interessant, dass wir so eine unterschiedliche Perspektive haben. Also du als relativ früh diagnostizierter und ich als sehr spät diagnostizierter. Aber bei mir ist das auch so das Ende von so einer ganz langen Suche gewesen. Ich bin ja sehr lange wegen Depressionen in Therapie gewesen und habe mich auch immer als eher depressiven Menschen verstanden. Und das hat sich halt völlig geändert, seit ich halt diese Diagnose habe, weil ich halt mittlerweile weiß, ich bin nicht depressiv, ich bin befördert. Und ich habe halt quasi keine Depressionssymptome mehr.
Das ist halt einfach, also ich glaube mittlerweile, das ist eine Fehldiagnose gewesen. Das war einfach eine permanente Form von Überforderung. Und wir müssen jetzt auch langsam zum Schluss kommen, aber vielleicht wäre es doch mal schön, wenn unsere ZuhörerInnen selbst mal sagen könnten, was sie denn für Veränderungen bemerkt haben. Zum einen vielleicht auch die, die schon etwas früher diagnostiziert wurden. Was hat sich denn seitdem verändert? Aber auch die, die später diagnostiziert wurden, hat sich irgendwas für euch auch verschlechtert seit der Diagnose? Ist irgendwas besser geworden wie
Fühlt ihr euch gerade damit? Also schreibt uns gerne in die Kommentare bei Facebook, bei Facebook sag ich schon. Ja, man merkt, dass ich alt bin. Schreibt uns doch gerne in die Kommentare bei Instagram was rein. Schreibt uns Kommentare bei Spotify. Es wäre einfach mal schön zu wissen, wie ihr gerade damit umgeht und was sich für euch verändert hat.
Hannah (14:14.621)
Ich hätte auch noch eine extra Frage, weil ich das nämlich auch nochmal super spannend finden würde, ob es vielleicht auch anderen Leuten so geht wie mir. Also dass ich jetzt auch nochmal so viel mehr über meine Symptome gelernt habe und ich glaube, obwohl die Diagnose so früh war, war mir trotzdem...
Die meiste Zeit meines Lebens nicht klar, dass viele Dinge, mit denen ich Probleme hatten, mit ADHS zusammenhängen, sondern das, was ich eben schon meinte. Ich hatte das halt, aber das hat mir nicht erklärt, warum es mir in vielen Dingen so beschissen gegangen ist. Und jetzt, in den letzten Jahren, habe ich mich halt einfach viel intensiver auch durchs Studium und durch meine Ausbildung hier, die therapeutische Ausbildung und durch dieses ganze Fachliche noch mal anders damit auseinandergesetzt und dachte so...
Ja, völlige Erleuchtung, das ist halt auch ADHS und nicht noch irgendwas, was ich zufälligerweise noch on top habe. Und es würde mich schon interessieren, ob es vielleicht anderen Menschen, die auch die Diagnose relativ früh bekommen haben, anders ähnlich gegangen ist. Ja, oder anders. Wie halt auch, wie halt die Antwort so ausfällt. Genau. Und noch ein kleiner Hinweis, Johannes und ich haben jetzt ein Google -Share -Dokument eröffnet, wo ihr
Johannes (15:16.142)
Oder anders.
Hannah (15:30.313)
eintragen könnt, wenn ihr Ideen habt für Folgen. Also wenn ihr denkt, boah, ich fände es super, wenn ihr dazu mal was macht, dann schreibt es gerne in das Google Dokument und wir gucken, dass wir das irgendwann unterkriegen. Den Link dazu, den findet ihr auf meinem Instagram systemisch gedacht in der Linkliste in meiner Bio. Genau. Wunderbar. Dann bis zum nächsten Mal, würde ich sagen. Ciao.
Johannes (15:49.646)
Genau. Vielen Dank.
dann tschüss!