Die Sonderfolge
09.07.2024
In dieser Folge sprechen wir über die zwei kürzlich zu ADHS im Erwachsenenalter veröffentlichten Artikel und ordnen sie ein.
Zur FolgeTakeaways
- ADHS bei Frauen wird oft unterdiagnostiziert und strukturelle Probleme spielen eine Rolle
- Vorurteile gegenüber Menschen mit ADHS, insbesondere Frauen, werden durch die Artikel verbreitet
- Eine berechtigte Vermutung auf ADHS ist keine Selbstdiagnose
- Fachpersonen haben oft Vorurteile und sprechen Symptome ab
- Es gibt lange Wartezeiten für eine ADHS-Diagnose Die langen Wartezeiten für Diagnostik und Therapie bei ADHS sind ein großes Problem, da es zu wenig spezialisiertes Fachpersonal gibt.
- Social Media spielt eine wichtige Rolle bei der Aufklärung über ADHS und mentaler Gesundheit, da es leichter zugänglich ist als Fachartikel oder Bücher.
- Nicht alle Frauen mit ADHS sind erfolgreich und Overachiever, es gibt auch viele unsichtbare Frauen, die mit ADHS kämpfen.
- Die Definition von Erfolg bei ADHS sollte nicht nur auf beruflichen Erfolg beschränkt sein, sondern auch andere Aspekte des Lebens berücksichtigen.
- ADHS ist nicht heilbar, sondern behandelbar. Es ist eine Neurodivergenz, die das Gehirn anders funktionieren lässt.
Transkript
Johannes (00:00.09)
und herzlich willkommen bei Oversharing, dem Podcast mit Johannes und
Hannah (00:07.333)
Heute wollen wir ein bisschen ranten, würde ich sagen. Ich habe gerade vorhin zu Johannes geschrieben. Wir sagen euch gleich, worum es geht. Ich habe mir das nochmal durchgelesen, ready to rant und das machen wir heute für eure Ohren. Ja, worum geht es? Vielleicht habt ihr mitbekommen, dass in der, jetzt wo wir es aufnehmen, vergangenen Woche zwei Artikel über ADHS veröffentlicht worden sind.
Johannes (00:23.514)
Yup!
Johannes (00:37.466)
Genau. Der eine ist von einer Psychologin aus Karlsbach namens Magdalena Bussardt. Das ist ein Interview in der Zeitung PZ News. Und der andere ist ein Artikel von Marlene Hobrack aus der Zeit. Und beide haben so ein bisschen, ich würde mal sagen, ein ähnliches Thema.
Hannah (01:04.997)
Ja, also ähnlich im Sinne von potentiell irgendwie schädlich für Betroffene von ADHS und ähnlich auch im Sinne davon, dass sie mich persönlich ehrlich gesagt ziemlich wütend gemacht haben und auch ein bisschen fassungslos so im Jahr 2024. Wie ging es dir, Johannes?
Johannes (01:25.082)
Ja, wütend haben die mich auch gemacht. Die sind ja auch gerade bei Instagram, TikTok weiß ich jetzt nicht, aber bei Instagram relativ viral gegangen, wo sich sehr viele Menschen so aus der ADHS -Influencer -Szene über diese Artikel geärgert haben. Aber mal ganz unabhängig davon sind diese Artikel auch einfach schlecht oder, also, bzw. nicht mal, also schlecht auf der einen Seite, aber ich glaube schädlich tatsächlich, weil da ganz viele
Vorurteile gegen Menschen mit, gerade Frauen mit ADHS verbreitet werden, die gerade glaube ich dazu führen, dass Frauen unterdeonistiziert sind. Und ich finde das tatsächlich sehr problematisch. Vielleicht sollten wir erst mal kurz erzählen, worum es den Artikel geht.
Hannah (02:13.157)
Genau, das habe ich auch gerade gedacht, dass wir mal die Zuhörenden mitnehmen, die vielleicht die Artikel noch nicht gelesen haben. Der Artikel von Magdalena Bossert, der hast du ja schon gesagt, ist ein Interview und es geht so ein bisschen darum, ADHS einzuordnen, würde ich mal sagen. Und Frau Bossert sagt in diesem Artikel, dass
wo sie natürlich Recht hat, dass ADHS eine psychische Diagnose ist und mit einem hohen Leidensdruck verbunden ist und beschreibt so ein bisschen die Symptome von ADHS. Was sie dann allerdings daraufhin noch sagt, empfinde ich als hoch problematisch und zwar ein Zitat, welches auch den Titel dieses Artikels ausmacht. Jeder von uns hat ein bisschen ADHS.
Als ich das gelesen habe, habe ich so gedacht, krass, wie kann man als Fachperson so eine Aussage tätigen? Ich habe eine Idee davon, was sie gemeint haben könnte in diesem Artikel. Also das vielleicht ein bisschen Vergesslichkeit, dass wir das alle kennen, auch wenn wir keine Diagnose haben. Die Formulierung allerdings ist hoch problematisch.
Johannes (03:28.858)
Ja.
Hannah (03:28.965)
Warum? Dazu können wir ja gleich noch ein bisschen was kommen. Vielleicht sagen wir trotzdem noch mal ganz kurz was zum anderen Artikel. Erst mal, damit wir den gleichen Wissensstand haben und dann legen wir so richtig los. Was denkst du?
Johannes (03:40.186)
Der zweite Artikel von Malin Hobak aus der Zeit hat den Titel ist das nur Stress oder schon ADHS und den Untertitel besonders Frauen jenemnützlichen sind sich selbst mittels Social Media ADHS. Doch vielleicht ist die überforderte Frau eher ein strukturelles als ein neurologisches Problem. Und im Endeffekt wird in dem ganzen Artikel so ein bisschen die These aufgestellt, dass Frauen von der Gesellschaft überfordert sind und deswegen die
die Flucht in die ADHS -Diagnose suchen, dadurch strukturelle Probleme der Gesellschaft zu verdrängen, würde ich fast sagen. Was vielleicht gar nicht mal so falsch ist. Ich meine, dass wir in der patriarchalen Gesellschaft, in der wir leben, ganz viele Probleme haben, gar kein Thema. Wo aber das Problem dabei ist, ist, dass der Leidensdruck, den Frauen mit ADHS haben, im Endeffekt
negiert wird mit dem Hinweis, alle Frauen haben diese Probleme und es gibt halt nur und ihr stellt euch im Endeffekt nur an oder anders vielleicht gar nicht richtig, ihr stellt euch nicht an. Das ist glaube ich gar nicht das was der Artikel sagt, sondern im Endeffekt das sind Probleme die alle Frauen haben und wir müssen halt eher diese strukturellen Probleme bekämpfen als Frauen mit ADHS zu helfen, weil die gar kein ADHS haben.
Hannah (04:56.645)
Ja, ich glaube, also was ich an dem Artikel unter anderem sehr problematisch fand, war, dass er sich so ein bisschen tarnt als so ein feministisches Produkt von, wir müssen die patriarchalen Strukturen bekämpfen, was wir auf jeden Fall müssen und sollten. Also da bin ich zu 100 Prozent von überzeugt. Aber was es halt auch mit sich bringt, ist, wir müssen das bekämpfen und nicht
Johannes (05:13.562)
Absolut.
Hannah (05:23.589)
einfach so bunt mit Pillen uns schmeißen, nur damit wir das besser aushalten können. Grundsätzlich klar, gegen das Patriarchat gibt es noch keine Pille. Aber wie du schon sagst, was damit auch passiert ist, dass einfach der Leidensdruck und die realen Herausforderungen von weiblich gelesenen Menschen mit ADHS -Diagnose einfach, dass sie einfach denen abgesprochen werden und komplett ignoriert werden und so dargestellt werden, als wäre das alles nur das Problem von gestressten
Johannes (05:35.738)
Schön wird's.
Hannah (05:52.965)
überforderten weiblich gelesenen Menschen, Müttern, Berufstätigen, Frauen.
Johannes (05:58.522)
Und es zeigt aber auch, dass die Autoren, also die Autoren hatten meiner Meinung nach relativ wenig Ahnung davon, dass es mittlerweile den zweiten ADHS -Typen gibt. Oder eigentlich drei, aber halt den unaufmerksam ADHS -Typen. Weil die Autoren halt oft darauf hinweist, dass, oder oft darauf kommt, dass halt, ja, diese Probleme gar keine ADHS -Probleme wären, sondern halt eigentlich gesellschaftliche Probleme. Das aber
Gerade aufgrund der Gesellschaft Frauen ADHS anders erleben als Männer, ist ein ganz großes Problem dieses Artikels, finde ich.
Hannah (06:41.957)
Ja, also ich finde, als ich den Artikel gelesen habe und auch vorhin noch mal kurz reingeschaut habe für diese Folge, habe ich so gedacht, grundsätzlich sind viele Dinge, die sie so kritisiert, ja gar nicht falsch. Aber in dem Kontext, in dem sie sie kritisiert und mit den Schlussfolgerungen, die sie für diesen Kontext zieht, sind sie halt falsch und auch sehr problematisch und auch einfach völlig mysogin. Also das ist so, das ist meiner Meinung nach komplett
Thema und auch an der Wahrheit vorbeigeschrieben dieser Artikel.
Johannes (07:16.853)
Und tatsächlich greift die Autorin halt auch ein Vorurteil gegen ein Mensch mit ADHS auf, das ich halt ganz gefährlich finde und zwar, dass ADHS überall diagnostiziert wird. Ich möchte gar nicht sagen, dass es nicht Menschen gibt, bei denen ADHS falsch diagnostiziert wird. Die gibt es überall, bei jeder Erkrankung und, äh, Entschuldigung, bei jeder Form von Diagnostik. Nicht Erkrankung, bei jeder Form von Diagnostik. Aber die spezifische Problematik ist ja, dass
ganz vielen Kindern im Endeffekt eine vernünftige Unterstützung verwehrt wird, weil das heißt, ach, das verwächst sich schon und das wird überdiagnostiziert, das müsst ihr gar nicht behandeln, da muss sich das Kind halt ein bisschen austoben und dann passt das schon. Und es ist ja viel eher so, dass es mittlerweile sehr deutlich ist, dass ADHS gerade bei werblich gelesen Personen so massiv unterdiagnostiziert wird und das halt zu ganz, ganz großen
Problemen führt von Depressionen über Selbstmord und ähnliche Suizid und ähnliche Sachen. Ich fange jetzt gerade an. Sorry, ich muss heute nicht von meiner Sprache achten. Das ist ja ganz furchtbar. Aber das ist halt echt ein Problem.
Hannah (08:28.965)
Ja, und tatsächlich, das ist ja jetzt auch ein bisschen kurios, finde ich, dass was du gerade angesprochen hast, nennt die Autoren ja auch selber. Also dass diese Symptome oft nicht nur bei ADHS zu finden sind. Und da sind wir wieder bei diesem Ja, das stimmt natürlich, aber das heißt ja trotzdem noch nicht, dass sie nicht auch zu einer ADHS -Diagnose gehören können. Also wir haben ja schon zum Beispiel über die Exekutiv -Disk -Funktion ausführlich gesprochen und auch über Antriebslosigkeit, was ja
damit zusammenhängt und einfach das, was du alles gerade genannt hast, das kann zu ADHS gehören, das kann auch zu Depressionen gehören und das kann auch zu Angststörungen oder zu Trauma -Folgestörungen gehören und vielleicht gehört es aber auch einfach zu verschiedenen Dingen gleichzeitig. Also das eine schließt das andere ja nicht unbedingt aus und Leuten abzusprechen, die
zum Beispiel eine Depression haben, dass sie dann keinen ADHS haben können, ist natürlich auch total Quatsch und auch einfach total schädlich für Betroffene. Oft kommen ja auch gerade weiblich gelesene Menschen mit der Diagnose Depression zuerst in Berührung und dann wird erst später festgestellt, dass diese Depression aufgrund einer undiagnostizierten ADHS -Geschichte entstanden ist.
Johannes (09:49.626)
So ging mir das ja. Ich bin ja zehn Jahre lang wegen Depressionen behandelt worden und völlig erfolglos, weil die grundlegende Thematik gar nicht behandelt wurde, und zwar das ADHS. Und dann kommt auch dazu, die Autorin sagt, ich zitiere mal, so können etwa das posttraumatische Belastungssyndrom und Depressionen ganz ähnliche Störungsbilderzeugungen diagnosen. Deren Diagnose ist aber aufwendig. Also erst mal, wenn man eine ADHS -Diagnostik durchlaufen hat,
weiß, auch eine ADHS -Diagnostik ist nicht unaufwendig, eher im Gegenteil. Wenn man alleine überlegt, was man an Zeugnissen und Briefe von den Eltern und so heranschaffen muss oft, eine vernünftige Diagnostik zu bekommen. Und dann, wie du gerade schon gesagt hast, ist das ja nicht so, dass diese Diagnosen getrennt voneinander stehen, sondern das hatten wir ja auch schon mal, dass auch gerade eine ADHS -Depression und auch PTBS
quasi als Kuba -Operitäten haben kann, wenn ich halt auf jeden Fall
Hannah (10:50.757)
Ja und auch Angststörungen, eigentlich alles was sie so nennt kann durchaus miteinander existieren.
Johannes (10:56.954)
Ja, und auch durchaus voneinander abhängen. Ich glaube, gerade Menschen mit ADHS haben sehr oft auch eine PPDS, einfach weil sie halt so oft gehänselt werden, so oft gedemütigt werden, so oft von der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Das Thema hatten wir ja auch schon mal. Und es macht mich einfach total wütend, dass überhaupt nicht darauf eingegangen wird in diesem Artikel, dass wir eher das Problem haben, dass ADHS viel zu selten diagnostiziert wird, als dass es eventuell überdiagnostiziert wird. Vor allem weil das halt so
Tag verankertes Vorurteil in der Gesellschaft ist. Ich bin total oft darauf angesprochen worden nach meiner Diagnose, wo mich Leute gefragt haben, bist du dir wirklich sicher? Ist es nicht vielleicht noch irgendwas anderes? Was ist, wenn du jetzt in eine falsche Richtung therapiert wirst? Was ist, wenn du jetzt Gitalin bekommst und auf einmal total stumpf bist, was ja auch wieder ein Vorurteil ist? Und das macht mich halt so wütend, weil solche Artikel dazu führen werden, dass Eltern eher noch viel vorsichtiger sein werden, ihre Kinder, nachdem sie eine ADHS -Diagnose bekommen haben, wirklich behandeln zu lassen.
und weil das auch Erwachsene davon abhalten wird, sich behandeln zu lassen und weil es bei schon diagnostizierten Menschen das Impostor -Syndrom, das ja gerade in der ADHS -Community echt nicht gering ist, auch noch zu verstärken. Also Impostor -Syndrom, im Endeffekt Leute glauben, ich habe zwar eine Diagnose, aber eigentlich gehöre ich doch nicht dazu, weil das sind ja doch alles Altersprobleme, die ich habe. Und das ist so problematisch, das macht mich wirklich wütend.
Hannah (12:18.789)
Ja, mich hat es auch sehr wütend gemacht und ich habe auch tatsächlich sehr, sehr viele Nachrichten bei Instagram bekommen von Leuten, die mir folgen, die gesagt haben, ja, was war das eigentlich? Ich mache das total wütend und auch enttäuscht, so was zu lesen, doch gerade von einer Frau. Also das ist halt auch nochmal, finde ich persönlich, so ein Zusatzpunkt, dass das von einer, so wie ich sie wahrgenommen habe, relativ jungen Frau auch noch geschrieben wird und
beteiligten irgendwie abspricht, dass das eine echte Diagnose ist. Ich habe den Artikel so gelesen, gerade zum Ende hin gibt es glaube ich so eine Passage, wo sie irgendwie sagt, würde man Männern die gleiche neurologische Störung in Anführungszeichen unterstellen, wenn sie die gleichen Probleme hätten oder ist das jetzt nur, weil es Frauen sind und dann sagen wir, die kommen nicht zurecht, das muss eine neurologische Störung sein, hier habt ihr ein paar Tabletten.
Auch da denke ich so, ja kritisch zu hinterfragen, wie die gesellschaftlichen Strukturen so sind, voll gut. Hinterfragt gesellschaftliche Strukturen, setzt euch mit unserer Gesellschaft auseinander und mit den patriarchalen Strukturen, in denen wir leben hier in Deutschland. Aber zieht vielleicht nicht die falschen Schlüsse. Ja, es gibt jetzt gerade vermehrt Diagnosen bei Frauen und bei weiblich gelesenen Menschen. Warum ist das so? Weil einfach das jetzt gerade erst so
an die Oberfläche kommt, dass sich die Anzeichen bei den verschiedenen Geschlechtern und auch bei Kindern und Erwachsenen unterscheiden können. Und weil auch jetzt so langsam klar wird, welche Auswirkungen die gesellschaftlichen Strukturen, also eben diese patriarchalen Strukturen, auf das Zeigen und das Anpassen von Symptomen sich auswirken.
Johannes (14:11.13)
Ja. Und ich finde es halt so bitter, weil gerade die weiblich gelesenen, also der weibliche Teil der ADS -Community, der ja gerade in Deutschland, aber auch international der größere ist, was glaube ich daran liegt, dass Frauen oder weiblich gelesenen Menschen halt eher später diagnostiziert werden und dann halt eher auch vielleicht dann nochmal den intensiven Redebedarf haben, der dann dazu führt, dass sie dann halt
quasi sich im Internet auch äußern, völlig nachvollziehbar, dass gerade die eigentlich krasse Verbündete im Kampf gegen das Patriarchat wären, weil sie ja gerade aufgrund von Patriarchatstrukturen zu spät diagnostiziert worden sind. Es ist ja nicht so, dass das irgendwie völlig getrennt voneinander ist, sondern im Gegenteil, das bedingt sich ja miteinander. Und ich finde es so, ja.
Hannah (15:01.573)
Ja.
Johannes (15:07.002)
Nee, ich find's einfach schwierig. Ich find's einfach ganz problematisch.
Hannah (15:09.784)
Ja, ich finde es auch total schwierig und da hast du jetzt gerade so ein bisschen so einen Punkt noch angestreift, der auch noch total wichtig ist in diesem Artikel und zwar so dieses Thema Selbstdiagnose und Social Media dabei. Also wer mein Buch gelesen hat, welches ich letztes Jahr mit Slinge rausgebracht habe, ADHS, was ist das eigentlich, der erinnert sich vielleicht, dass wir auch so eine Passage zu diesem Thema mit reingenommen haben und
Johannes (15:24.63)
ja.
Hannah (15:38.501)
Zwar weil das Thema Selbstdiagnose ja in aller Munde ist, immer wieder. Also haben jetzt plötzlich alle ADHS, weil sie einen TikTok gesehen haben oder ein Instagram -Video und jetzt denken, ich hab das auch und das behaupten oder ist das vielleicht einfach auch ein Druckschluss und das stimmt so einfach auch nicht. Ich hab auch einen Instagram -Beitrag tatsächlich rausgebracht jetzt zu diesen beiden Artikeln, weil ich mich so geärgert habe und ich dachte irgendwie kann ich das nicht so.
stehen lassen und sowohl im Buch als auch in diesem Artikel, den ich da gepostet habe, ist so ein bisschen das, was mir wichtig ist zu dem Thema zu sagen, ja, natürlich ist es komisch, wenn Leute nach einem TikTok sagen würden, hey, ich habe ADHS und das so ein bisschen für sich claimen, aber auf der anderen Seite, wenn du diese Struggle hast, dann hast du die Struggle und kein Mensch, den ich kenne, ja, also wirklich niemand, den ich kenne, hat nach
einem so einem Video gesagt, ich habs, sondern vielmehr kam ein Video und man dachte so, das kommt mir irgendwie bekannt vor. Dann kommt das nächste Video, das kommt mir auch bekannt vor. Dann das nächste, der Algorithmus passt sich auch relativ schnell dem an, wo man lange hängen bleibt. Das heißt, klar wird dann mehr von dieser Thematik in deine Timeline gespült und du guckst dir das an und dann relate -test du vielleicht. Dann liest du Kommentare und denkst, das kenn ich auch und vielleicht, das auch und dieses Struggle hab ich auch und zwar schon vor lange.
könnte ein Symptom von ADS sein. Man kann das jetzt übrigens auch übertragen auf zum Beispiel autistisches Spektrum oder Depressionen oder Angststörungen. Das könnte ein Symptom sein. Das war mir gar nicht so klar. Ich dachte immer, das kann ich einfach nur nicht. So und wenn dieser Prozess weitergeht, dann setzen sich die Leute in den allermeisten Fällen weiter damit auseinander. Recherchieren, lesen Bücher, lesen Artikel und fuchsen sich so richtig rein. Und in diesem Prozess entsteht irgendwann
Der verhärtete Verdacht, würde ich es mal nennen. Ich könnte vielleicht ADHS haben. So. Und das ist dann, finde ich, auch keine Selbstdiagnose, sondern eher ein berechtigter Verdacht. Und vielleicht auch tatsächlich schon die Antwort, die es gebraucht hat, sich nicht mehr ganz so schlecht mit den vermeintlich eigenen Unzulänglichkeiten zu fühlen und eine Idee dafür zu bekommen, was helfen kann. Und das finde ich... Sorry.
Johannes (17:58.874)
Ja.
Hannah (18:00.901)
Das finde ich ist ein sehr großer Unterschied zu jemand sagt einfach leichtfertig, ich habe das zu Leuten, die tatsächlich einen neben langen irgendwie auch mit sich mit Themen ja auseinandersetzen und Schwierigkeiten haben und plötzlich das Gefühl haben, ich habe meine Leute gefunden.
Johannes (18:18.522)
Das und ich kenne nur sehr wenige Menschen, die einen sehr begründeten ADHS -Verdacht hatten, die danach keine Diagnose bekommen haben. Das gibt es, habe ich auch schon gehört, wo dann doch andere Grunderkrankungen, ja, wir können zu diesem Thema Erkrankungen zurück, das tut mir leid, wo noch andere Probleme vorherrschten. Aber das betrifft er die wenigst und das Problem ist ja viel mehr.
dass gerade auch die Fachmenschen, die eigentlich sich mit dem Thema gut auskennen müssten, das nicht tun und dann halt oft auch Vorurteile verbreiten. Also Beispiel, ich war mal in der Psychotherapie wegen sehr schwerer Depressionen und habe da zu meinem Psychotherapeuten gesagt, ich habe das Gefühl, ich könnte irgendwas im Bereich Autismus oder eher ADHS haben.
Ich hab mich da jetzt die letzten Monate oder Wochen sehr stark eingelesen, hab halt wirklich viel dazu mitbekommen und hab alles den und den Gründen verdacht. Da meinte er, nee kann nicht sein, sie haben mir ja gerade noch von einer Viertelstunde erzählt, dass sie vier Stunden am Stück Auto gefahren sind, das heißt sie können sich offensichtlich konzentrieren, also können sie kein ADHS haben. Und so was ähnliches ist mir gerade bei einer Freundin auch passiert, die ist auch gerade in der Therapie und hat mit ihrem...
Ich glaube mit ihrem Psychiater, ich bin mir nicht sicher, ob es der Psychotherapeut war, das besprochen und meinte, ich habe das Gefühl, ich könnte irgendwo auf dem Autismus -Spektrum sein. Und erste Antwort war, ne, so wirken sie nicht, das glaube ich nicht. Und dann kam er eine Woche später nochmal und meinte, ja, ich habe jetzt die Diagnose -Kriterien nochmal angeguckt und ich glaube es immer noch nicht. Ohne mal irgendeinen Test gemacht zu haben, ohne sie mal tiefer befragt zu haben und gleichzeitig hatte sie ihm erzählt, dass sie einen
so krassen Meltdown hatte, dass sie mehr als eine Stunde am Stück nicht sprechen konnte. Also quasi mit Mautismus. Was durchaus auch bei anderen Situationen passiert, was aber relativ oft bei Autismus, Pektrums Problematiken passiert.
Johannes (20:41.338)
Und er meinte, ja, wenn man jedes Mal ein Problem erfordernd ist, das passiert jedem Mal. Und sie so, das ist mir noch nie vorher passiert und das war ziemlich gruselig. Und das heißt jetzt nicht, dass diese Person unbedingt auf dem Autismus -Spektrum ist, aber dass diese Diagnose sofort von der Hand gewesen wird, ohne dass sich die Person tiefer mal damit auseinandergesetzt hat. Das finde ich halt schon wirklich, wirklich problematisch. Und solche Artikel führen genau zu solchen Situationen.
Hannah (21:08.965)
Ja, können sie auf jeden Fall potenziell. Und auch wenn ich jetzt nicht alle unter Generalverdacht stellen möchte, höre ich das hier auch häufiger, dass gerade weiblich gelesene Menschen sich in so anfänglichen Diagnostikverfahren nicht so ernst genommen fühlen, wie sie sich gerne ernst genommen gefühlt hätten. Also dass ihnen auch die eigenen Symptome abgesprochen werden oder der Leidensdruck so ein bisschen runtergespielt wird, weil so schlimm kann es ja gar nicht sein.
Sie haben ja das und das auch alles geschafft oder sowas in die Richtung, wie du es gerade gesagt hast. Und was ich finde, was auch dazu kommt, ist,
Johannes (21:44.314)
Ja, und was ich ganz interessant finde noch bei dem... Ach, Entschuldigung.
Ich hatte gerade Internetprobleme, deswegen werde ich die wahrscheinlich reingepfatscht haben. Ja, wir hatten gerade kurz, das müssen wir gucken, ob wir das auseinander geschnitten bekommen, sonst reden wir halt kurz durcheinander. Macht das mal. Ja.
Hannah (21:51.653)
Ich glaube, wir haben gerade ein bisschen gleichzeitig geredet, weil da irgendwie
Hannah (22:09.957)
Nee, kann ich glaube ich nicht rekonstruieren, genau. Also nicht, dass es das Sinne gibt.
Johannes (22:12.41)
Ja, ich glaube bei mir war das Internet kurz weg, deswegen habe ich dir reingequatscht, weil ich dachte, dass du gerade nichts sagen würdest.
Hannah (22:18.725)
Aber ich weiß, was ich sagen wollte, also vielleicht geht es trotzdem.
Soll ich das nochmal sagen, was ich gerade gesagt habe? Vielleicht kann ich das machen?
Was ich auch in dieser ganzen Debatte noch wichtig zu erwähnen finde, ist, dass ja auch nicht jeder oder jede Fachperson eine Expertin ist für alle Bereiche. Also wenn ich zum Beispiel jetzt da sitze und eine Diagnostik machen soll zum Thema Autismus Spektrumstörung, also ich jetzt nicht, aber jemand anders, dann könnte es ja auch sein, dass man sagt, damit kenne ich mich nicht so gut aus. Ich verweise sie mal an eine Kollegin, einen Kollegen, der
die damit besser umgehen kann. Und genauso ist es mit ADHS nicht umsonst gibt es da Fachzentren und Fachkliniken für.
Johannes (23:03.194)
Ja, und da wird es dann gleich problematisch aus mindestens zwei Gründen. Zum einen, du hast ja einen Anspruch auf zumindest ein Vorgespräch, ein psychotherapeutisches Vorgespräch innerhalb von sechs Wochen, nachdem du dich bei der Krankenkasse gemeldet hast. Du hast aber keinen Anspruch auf A, eine bestimmte Therapie Person, sondern du bekommst halt einen Namen und
Zum anderen hast du auch keinen Anspruch darauf, dass du zu einer Person kommst, die sich mit deiner speziellen Problematik beschäftigt. Zum anderen sind die Wartezeiten für auf ADHS und noch schlimmer auf Autismus spezialisierte Menschen so lang, das ist Wahnsinn. Wir hatten in Hannover die Situation, es gibt in Hannover bei der
medizinischen Hochschule, ein ADHS Zentrum, da habe ich mal angerufen. Ich glaube, Anfang 2021. Die Antwort war ja, vor Ende 2022 wird das nichts. Rufen Sie mal bitte Ende 2021 wieder an. Und meistens rufen die Menschen, die eine ADHS -Diagnostik haben, ja an, weil sie einen sehr krassen Leidensdruck gerade in dieser Situation haben. Der vergeht sehr schnell wieder bei ADHS, immer mal wieder, bei mir zumindest.
Zum anderen ist der... Ich kann nicht anderthalb Jahre warten, eine Diagnostik zu bekommen, dann vielleicht noch ein halbes Jahr später einen Therapie beim Psychiater zu bekommen, dann 2, 2 ,5, 3 Jahre später irgendwann mal Medikamente zu bekommen, wenn ich einen sehr konkreten Leidensdruck habe. Und das ist halt so ein Riesenproblem, dass die Wartezeiten so lang sind, weil es halt viel zu wenig spezialiertes Fachpersonal gibt.
Hannah (24:52.133)
Genau, da würde ich gerne noch mal ganz kurz ein bisschen spezifizieren, weil natürlich ein Therapieplatz nicht gleichzusetzen ist mit einer Diagnostik. Also das sind ja nochmal zwei verschiedene Wartebereiche in vielen Fällen, weil natürlich nicht alle TherapeutInnen auch eine ADHS Diagnostik machen, genauso wie bei Autismus Spektrum Störung. Das macht auch nicht jeder. Das heißt,
Johannes (25:04.346)
Ja klar.
Johannes (25:12.154)
Ne, das meinte ich ja gerade.
Hannah (25:12.837)
Wenn du einen Therapieplatz hast, heißt das noch lange nicht, dass du einen Diagnostikplatz hast. Das ist ja auch noch mal schwierig und bringt mich so ein bisschen zum nächsten Thema im Sinne von im Zusammenhang mit dem, was wir eben schon angesprochen haben, nämlich der Selbstdiagnose oder dem Verdacht. Weil der Zugang zu Diagnostik und auch zu Bildung ist einfach schwierig und nicht immer für alle super leicht erreichbar. Und deswegen ist einfach Social Media ein total wichtiger Baustein in der Aufklärung.
Johannes (25:17.05)
Genau.
Hannah (25:42.181)
über psychische Störungen und über die mentale Gesundheit, weil das einfach teilweise viel, viel leichter zu erreichen und zu konsumieren ist als irgendwelche Fachartikel oder Fachbücher, Sachtexte, was auch immer. Die kann oft nicht jeder verstehen und man weiß auch nicht immer, wo man sie finden soll.
Johannes (26:03.994)
Und mir fallen tatsächlich noch zwei Sachen auf. Sorry, ich musste mal ganz kurz vielleicht noch mal ranten. Bin ich völlig bei dir. Ich muss mal zwei Sachen richtig ranten aus dem Zeitartikel. Und zwar zum einen, ich zitiere noch mal kurz, umso bemerkenswerter, das ist ja auch in der Kritik und einem gewissen Abflauen des ADHS -Diagnose -Booms bei Jungen und plötzlich die Frauen aus solchen Zielgruppen entdeckt werden. Etwas zynisch könnte man meinen, dass sie eben die Zielgruppe für Medikamente, die an die Frau gebracht werden müssen, in Frage haben. Das unterstellt im Endeffekt dem ganzen ADHS
in Anführungszeichen heißt dem Aufkommen von Social Media ADHS Influencer innen, dass die ja quasi von der Pharmaindustrie gesteuert werden, dass die Pharmaindustrie jetzt irgendwie sagt, okay wir brauchen jetzt ADHS Influencerinnen, weil wir unsere Medikamente vertreiben müssen. Also das finde ich schon, das finde ich schon wirklich krass. Und ja.
Hannah (26:55.013)
ganz kurz reingrätschen, weil das finde ich spannend, dass du das so wahrgenommen hast, weil ich habe das ein bisschen anders gelesen. Ich habe es eher so gelesen, dass die Diagnostik quasi dahingehend jetzt einfach mehr passieren soll und nicht, dass die InfluencerInnen oder die CreatorInnen, die jetzt so präsenter sind, quasi da eingestreut werden, sondern eher, dass es halt jetzt durch diesen Fokus und dieses
diesen diese diesen Tätrieb, dass das quasi dadurch ein Beiprodukt ist.
Johannes (27:28.09)
Ja, aber allein diesen Satz, man könnte meinen, dass sie eben als Zielgruppe für Indikamente, die an die Frau gebracht werden, müssten, infrage kommen. Das finde ich schon hart, ganz freundlich ausgedrückt.
Hannah (27:41.957)
Also egal, welche Interpretation hier jetzt richtig ist oder ob es noch tausend andere davon gibt, davon ist ja keine toll, keine angemessen.
Johannes (27:49.242)
Nein, richtig. Und ich habe aber noch einen anderen Punkt. Und zwar, was ich ganz interessant finde, ist, ich schreibe hier weiter, die Frauen, die die Diagnose erhalten und darüber sprechen und schreiben, sind eigentlich Overachiever. Sie sind erfolgreich, obwohl sie zahlreiche Hürden und Herausforderungen meistern müssen. Das finde ich halt auch spannend und auch nicht gut aus mehreren Gründen. Zum einen, ja, also sie bezieht sich halt sehr stark auf die
Influencer innen in dem Bereich und klar dass die jetzt mit dem was sie tun vielleicht erfolgreich sind und vielleicht sogar geld verdienen mag sein das ist aber ein so kleiner anteil auch gerade aus der adhs community dass sie völlig übersieht welche frauen das nicht betrifft ich war vor einigen monaten mal bei einer adhs selbsthilfe gruppe in hannover die organisiert wird vom adhs e .v. ich glaube dass sie vom adhs e .v. organisiert wird ich weiß auf jeden fall dass ich
Darüber den Kontakt.
Und da waren sehr, sehr viele Frauen, die gerade nicht erfolgreich waren, die gerade nicht overachiever waren und teilweise sicherlich auch, weil sie ihre Diagnose erst zu spät bekommen haben, weil sie halt ganz lange nicht wussten, warum sie ständig all over the place sind, die gebrochene Bildungswege hatten, die teilweise auch richtig damit auf die Stauze gefallen sind, die sehr bitter waren auch, weil sie sagten, wenn ich die Diagnose nicht mit 60, sondern mit 30 bekommen hätte, wer weiß, wo ich heute wäre, dann würde ich vielleicht nicht gerade in Armut leben oder hätte schon die
die dritte gescheiterte Ehe oder die zehnte gescheiterte Beziehung. Und das macht so viele Frauen unsichtbar, die damit halt total struggle und auch die Frauen, die erfolgreich heute mit ADHS als ADHS -Influenzierinnen sind. Das heißt ja nicht, dass es denen gut geht. Man muss sich nur mal so ein bisschen hinter die Kulissen gucken. Wenn ich mir jetzt zum Beispiel Nessa angucke, die ja sehr viel
Johannes (29:48.602)
ADHS Sachen macht, wo man aber auch immer mal wieder sieht wie krass sie heute noch mit ganz ganz vielen Sachen struggelt. Das macht das so unsichtbar, dass es halt immer noch ein Struggle ist, dass es halt immer noch schwer ist, dass es halt immer noch hart ist. Das ist doch nicht so, dass nur weil wir jetzt wissen, dass wir ADHS haben, weil wir vielleicht später in den 1910er sind, dass es vom unser Leben total einfach geworden ist. Das klingt ein bisschen so.
Hannah (30:08.485)
Und da ist ja heute die Frage, wie definiert man Erfolg? Also wie sieht das überhaupt aus? Was meint man damit? Und es liegt ja auch so ein bisschen in der Sache der Natur, dass Leute, die erfolgreich bei Social Media sind, also große Accounts haben, eine große Reichweite, dass das halt
die sind, wo es gerade funktioniert. Also wie du schon sagst, die anderen, die sieht man ja nicht, weil die halt das nicht geschafft haben, so eine große Follower -Innschaft aufzubauen.
aus den verschiedensten Gründen wahrscheinlich. Zu so einem Erfolg gehört ja auch immer neben all dem ganzen Können und dem ganzen Aufwand und der ganzen Arbeit, die da drinsteckt, ja auch immer so ein bisschen Glück, dass das funktioniert. Und da sind neben einer erfolgreichen Person bestimmt diverse nicht so in Anführungszeichen erfolgreiche Personen, die diese Reichweite einfach nicht geschafft haben. Und natürlich sieht man die dann nicht, weil die nicht die Reichweite
haben. Also das ist ja auch so ein bisschen so ein Argument, was sich so selbst auscancelt, finde ich.
Johannes (31:15.578)
Und man verkennt auch, wie knapp das auch oft bei diesen Personen gewesen sein mag. Also es gab Situationen, wo ich so kurz davor mein Überstudium zu schmeißen, wo ich dann Anfang 30, Ende 20 ohne irgendeine Form von Abschluss gewesen wäre. Und ich glaube, das wird sehr vielen Menschen mit ADHS gerade undägnostiziert so gegangen sein. Ich habe zum Beispiel eine früher sehr enge Freundin.
Die ist sehr früh mit ADHS diagnostiziert worden, nicht sehr früh im Alterssinn. Also die war auch schon Mitte 20, eher Ende 20, als die diagnostiziert wurde, aber früh im Sinne von, also zu einer Zeit, wo ADHS -Erwachsenendiagnosen noch ganz, ganz früh waren. Und die hat halt auch ihr Studium abgebrochen und ist, also die hat jetzt, ist jetzt glaube ich trotzdem sehr glücklich mit ihrem Job. Aber ich glaube, dass sie, wenn sie die Diagnose früher bekommen hätte, wahrscheinlich auch da erfolgreicher gewesen wäre.
Jetzt kann man natürlich lange darüber diskutieren, ob das vielleicht auch ein kapitalistisches Problem ist, dass wir Erfolg halt nur mit Erfolg im Job verhandeln. Aber sicherlich nicht so, dass jeder, der irgendwie ADHS hat oder auch gerade, dass alle Frauen mit ADHS Oma Chiba sind. Das finde ich ist halt schon eine schwierige Aussage.
Hannah (32:30.341)
Nee, und das geht ja auch so ein bisschen in diese Richtung, die oft auch in meiner Meinung zu Recht kritisiert wird, sich nur auf die Stärken von ADHS zu konzentrieren. Zu sagen, alle Menschen mit ADHS sind so wahnsinnig kreativ und sind so das und das und so. Natürlich gibt es diese Seiten auch, aber es gibt auch trotzdem alle Seiten, die schwierig sind und die es nicht so leicht machen.
Auch was du gerade gesagt hast, da wären wir wieder bei der Frage, was macht denn überhaupt Erfolg aus? Wie definiere ich das? Ist jemand erfolgreich, weil er eine große Reichweite hat oder weil er einen lukrativen Job hat? Oder ist jemand erfolgreich, weil er vielleicht mit 60 immer noch am Leben ist, obwohl er keine ADHS -Diagnostik hatte und es geschafft hat, trotzdem zu überleben mit all den ganzen Schwierigkeiten, die sich im Leben gezeigt haben, ohne dass mal jemand gesagt hat, boah ja, das ist scheiße und es gibt einen Grund dafür und es liegt nicht daran, dass du es einfach nicht gepackt hast. Also...
Wie gesagt, das habe ich bestimmt schon ein paar Mal gesagt und werde ich bestimmt auch noch ganz viel sagen. Ich bin sehr sprachaffin, auch in meiner therapeutischen Arbeit, weil ich es so wichtig finde, darüber zu sprechen, wie wir Begriffe füllen. Und Erfolg ist dabei ein ganz wichtiger. Wer ist denn erfolgreich und wer definiert denn, wie erfolgreich auszusehen hat, vor allen Dingen gerade mit ADHS oder mit irgendeiner anderen Diagnose?
Johannes (33:50.426)
Ja, und das passt ja vielleicht auch so ein bisschen zu der Frage, ist den ADHS eine Krankheit oder nicht? Ich meine, ich verhaspel mich hier sehr oft, aber es ist ja, also ich weiß auch gar nicht genau warum, wahrscheinlich weil ich immer noch die juristische Definition von Krankheit im Kopf habe, die aber einfach mit der, über die wir hier reden, eigentlich nichts zu tun hat. Aber auch das ist ja so ein Punkt, dass man eigentlich
nicht Menschen mit ADHS heilen möchte. Es geht ja nicht darum, irgendjemanden zu heilen, sondern es geht ja darum, irgendwie in dieser Gesellschaft zu funktionieren. Und da kann ich ja wieder so ein ganz kleines bisschen die Stoßrichtung dieses Artikels verstehen, die halt sagt, es geht eigentlich eher darum, dass die Gesellschaft besser mit Frauen und weiblich gelesen Personen umgehen muss. Aber das hat halt nichts mit ADHS zu tun.
sondern ADHS verstärkt die Probleme, die Frauen und werblich gelesene Personen haben, einfach noch mal ins Unermessliche teilweise. Ich meine, ein Thema, über das wir sicherlich immer mal reden können, ist Mental Load. Das ist ja ein Thema, das eher aus einer Feminismusdebatte kommt, dass selbst in halbwegs gleichberechtigten Beziehungen am Ende bei Frauen und werblich gelesene Personen immer trotzdem noch die Planungsarbeit hängen bleibt.
Das ist ja gerade, wenn diese Person noch ADHS hat, noch mal unfassbar viel schlimmer, weil wenn du eh nicht gut organisiert bist, dann dich auch noch darum zu kümmern, deine Familie zu organisieren. Über solche Debatten, die können wir total gerne führen und die sind auch total wichtig. Aber das ist halt eine feministische Debatte und keine, die wir, finde ich, im Zusammenhang mit, eine Frau, die mit ihrem Mental Loat nicht klarkommt, kann kein ADHS haben, sondern konnte mit der Gesellschaft nicht klarführen sollten. Das finde ich echt problematisch.
Hannah (35:41.925)
Ja, also ich glaube da stimme ich dir ja teilweise zu. Also witzigerweise habe ich gerade gestern auf meinem Blog ein Artikel zur Mental -Load veröffentlicht.
Und zwar halt auch erstmal so eine Einführung, was ist das eigentlich? Und warum ich gesagt habe, ich stimme hier nur teilweise zu, ist, dass ich denke, es gehört schon in die Debatte ADHS und generell psychische Störungsbilder dazu, weil wir nämlich dann wieder so in diesem Guilt Tripping, in diesem Scham besetzt sind. Weil wenn ich einfach nur denke, es liegt daran, dass ich eine überforderte Frau bin und meinen Scheiß nicht geregelt kriege, ja dann lasse ich mich vielleicht auch nicht
diagnostizieren oder gestehe mir das selber zu, dass es was anderes sein könnte als patriarchale Überforderung.
Johannes (36:33.626)
Das weile ich auch nicht. Wenn das rübergekommen ist, tut mir leid, das war nicht meine Intention. Ich meinte nur, dass Mental... Also, dass nicht nur, weil du... Moment, wie formuliere ich das jetzt am besten? Ich wollte eigentlich nur ausdrücken, dass Mental Load mit ADHS halt...
Also, dass Mental -Load und ADHS zwei getrennte Themen sind, die natürlich sich ganz stark verstärken und die natürlich auch zusammen diskutieren sollte, wo man jetzt aber nicht sagt, okay, nur weil du mit deinem Mental -Load nicht klarkommst, hast du ADHS. Oder andersrum, jede Frau, die mit ihrem Mental -Load nicht klarkommt, hat ADHS. Das ist ja genau das, was dieser Artikel so ein bisschen versucht auszudrücken, dass halt eher das Problem ist, dass Frauen von der Gesellschaft überfordert werden, dass es eigentlich kein ADHS sein kann. Und...
Das ist halt ein Problem, dass das sich halt gegenseitig bedingt und gerade Frauen mit ADHS noch viel stärker trifft. Da bin ich total bei dir und ich finde, da sollten wir auch auf jeden Fall mal drüber reden.
Hannah (37:39.461)
Absolut und ich würde auch noch mal ganz kurz zu einem anderen Punkt, den du gerade angesprochen hast, noch was sagen wollen, weil wir haben ja jetzt uns die ganze Zeit sehr, sehr stark auf diesen Zeitartikel konzentriert und noch mal ganz kurz den Bogen zum anderen Artikel schließen zu können oder zu wollen, zum Thema Heilung ist nämlich in dem Artikel von Frau Bossert auch noch mal ein spannender Satz, den ich auch sehr schwierig fand und ich weiß nicht genau, ich glaube damit endet der Artikel fast.
Johannes (37:50.042)
Mhm.
Johannes (38:04.09)
gesehen.
Hannah (38:09.317)
ist, dass die Interviewerperson sagt, ist ADHS heilbar? Und Frau Bossert antwortet Ja. Und das ist ja einfach eine Katastrophe, weil und das haben wir ja auch schon hier oft benannt, ADHS ist nicht heilbar, es ist behandelbar. Wir haben Medikamente, wir haben Therapieformen, die unterstützen können. Aber heilbar ist es nicht. Wir behalten es. Also die Diagnose ist
Keine, die man irgendwann aberkannt bekommt. Natürlich kann es sein, dass sich Symptome im Laufe des Lebens verändern und dass wir auch einen besseren oder anderen Umgang damit finden. Das heißt aber nicht, dass das ADHS sich in Luft auflöst.
Johannes (38:53.498)
gerade gelesen. Das habe ich ja völlig... Eie. Okay, ich habe ganz viele Gedanken dazu, aber vielleicht ganz kurz. ADHS ist eine Neurodivergenz. Das heißt, es ist etwas, was bereits entsteht, wenn sich unser Gehirn entwickelt, was nicht irgendwie mit Bakterien, Viren oder Ähnlichem zu tun hat, sondern es ist im Endeffekt eine andere, nicht eine Fehlentwicklung, aber eine andere Entwicklung des Gehirns. Die geht nicht weg.
die ist nicht einfach nicht mehr da. Es gibt ja mittlerweile durchaus Untersuchungen, dass das Gehirn von Menschen mit ADHS einfach anders funktioniert. Nur weil du bestimmte Verhaltenstherapien gemacht hast, funktioniert ja dein Gehirn nicht auf einmal völlig anders. Das ist ja Wahnsinn. Da fällt mir gar nichts mehr zu ein.
Hannah (39:40.293)
Ja, das war mir auch wichtig, dass wir das halt nochmal reinholt. Das hat jetzt sehr gut gepasst, weil das ist ja immer wieder auch Teil der ganzen Debatte ADHS. So spricht man bei ADHS von einer Krankheit oder einer Erkrankung oder was ist es eigentlich? Und auch wenn manche Leute ja Erkrankung so als Selbstbezeichnung benutzen.
haben wir ja auch gesagt, wir verzichten auf diesen Begriff einfach, weil Erkrankung immer so mit sich bringt, dass Leute denken, dass es heilbar ist. Und das ist einfach definitiv nicht richtig.
Johannes (40:17.69)
und was ich auch noch spannend finde, wenn ich jetzt nochmal diesen Artikel kurz durchgehe, es kommt nämlich hier auch, also zum einen wird hier immer auf diesen Zappelfilip abgestellt in dem Artikel, das ist auch ein Problem, weil es so ein Vorurteil gegen ADHS Männer gerade ist, dass die einen Zappelfilip wären, ich finde diese Bezeichnung schon schwierig, aber die Psychologin sagt auch,
Es müssen drei Kernsymptome erfüllt sein. HUI, Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität. Und das finde ich auch spannend, weil das ja eigentlich auch altes Diagnosekriterium ist und mittlerweile ja bekannt ist, dass es halt auch den ADHS -Typ, also den unaufmerksamen ADHS -Typ gibt, der zwar auch eine gewisse Hyperaktivität beinhaltet, aber halt nicht als Kernsymptom. Und ob das dann daran liegt, dass man ganz viel internalisiert hat und das nicht mehr externalisiert, darüber kann man ja lange diskutieren.
Aber dass diese drei Kernsymptome erfüllt sind, das ist ja gerade mit dem neuen ICD, bitte korrigieren mich, wenn ich jetzt Unsinn rede, aber eigentlich nicht mehr so der Fall.
Hannah (41:21.829)
Ne, also du hast recht, es gibt natürlich diese drei Typen, vorwiegend unaufmerksam, vorwiegend hyperaktiv und dann den Mischtyp und da natürlich, durch die Bezeichnung wird es ja auch schon klar, gibt es dann verschiedene Schwerpunkte. So ein bisschen müssen die Sachen natürlich erfüllt sein, aber halt nicht.
Jeder muss super krass hyperaktiv sein. Und da kommen wir auch dann quasi zu dem Punkt, der da dranhängt und wo wir auch wieder ein bisschen bei Aufklärung und Bildung und Diagnostikverfahren sind, ist einfach, wenn du nicht weißt, wie sich diese Symptome in deinem Alltag zeigen können, dann weißt du auch nicht, was du da eigentlich für ein Problem hast. Also ich finde, das ist auch einfach so schwierig, weil diese Fragebögen zum Beispiel
Johannes (42:06.394)
Hm?
Hannah (42:13.1)
Manchmal so Sachen abfragen, von denen man vielleicht im ersten Moment so denkt, ja nee, trifft auch mich nicht zu. Also wenn ich jetzt gefragt werde, ob ich hyperaktiv bin, würde ich erstmal grundsätzlich sagen, nö, bin ich jetzt nicht. Wenn ich jetzt aber mich ein bisschen damit auseinandersetze, wie sich das vielleicht bei mir als erwachsene, weiblich gelesene CIS -Frau zeigen kann, dann komme ich vielleicht schon mehr dahin, dass ich dann doch sagen würde,
Johannes (42:19.994)
Ja.
Hannah (42:39.077)
Ja, in dieser Definition bin ich doch hyperaktiv. Weil nämlich Hyperaktivität sich zum Beispiel bei erwachsenen Menschen auch einfach in unruhigen Gedanken, in Gedankenrasen, in diesem permanenten Stimming mit Flechtschüften, die man immer klickt oder sowas zeigen kann. Alles das sind Zeichen von Hyperaktivität und die hab ich. So, ich hab schnelle Gedanken, die mich manchmal nicht in Ruhe lassen, wo ich mir Strategien ausdenken musste, damit ich das kann.
Und wenn ich aber nicht weiß, dass das ein Symptom oder ein Anzeichen von diesem hyperaktiven Teil sein kann, dann kann ich die Frage ja gar nicht richtig beantworten.
Johannes (43:15.258)
Mhm. Ja.
Hannah (43:16.837)
Also umso wichtiger ist Aufklärung, ist Social Media, sind die InfluencerInnen, die es gibt, den Zugang zu erleichtern und mehr Menschen dazu zu helfen, irgendwie einen Umgang mit ihren Schwierigkeiten zu finden.
Johannes (43:32.666)
Wir sind jetzt schon fast am Ende der Zeit oder eigentlich schon über die Zeit hinaus, aber das passt gerade ganz gut. Ich habe da noch eine interessante Anekdote und zwar habe ich vor einiger Zeit mal einen Instagram -Reel gesehen mit einer Frau, die wurde gefragt, ich glaube, das war eine Frau, eine weibliche Person auf jeden Fall, wurde gefragt, ob sie denn ein Problem mit Socken hat von einem Psychotherapeut, also von einem Psychiater und die so, ne, ich habe kein Problem mit Socken. Und da kam so ihre Partnerperson, meinte so, ähm, dürfte ich mal kurz? Und der so, ja, okay, warum? Ja, ähm, sag mal, du trägst doch immer nur diese einen...
Das ist halt immer so die Frage, wie interpretiert man solche Fragen? Und ich glaube, wir...
Menschen mit ADHS oder irgendwelchen Formen von Neurodivergenzen neigen sehr schnell dazu, Dinge, die wir irgendwie empfinden als völlig normal anzusehen, weil die auch unser Alltag sind. Dass ich irgendwie, wenn ich einen Stift in der Hand hab... Genau, genau. Dass wenn ich einen Stift in der Hand habe, dass ich irgendwie die ganze Zeit rumklicke, weil es stimmt total. Dass ich meine Füße überschlage und ständig irgendwie rumwirpe, auch total normal. Aber dass das normale... Also, normale ist ja... Ich hab heute echt ein Problem mit Wörtern. Dass das neurotypische Menschen nicht so...
Hannah (44:38.149)
Ja und für uns sind sie auch normal.
Johannes (44:59.298)
ist halt ein anderes Thema.
Hannah (45:01.797)
Ja, vielleicht zum Abschluss nochmal eine private Frage. Hast du ein Problem mit Socken?
Johannes (45:07.13)
Ja, ja, auf jeden Fall. Und zwar jetzt, kleine Story. Ich hab mir vor ungefähr... ...nem Jahr bei H Socken gekauft. Und zwar mehr so aus Versehen, offensichtlich spezielle Wintersocken, die so richtig schön dick sind. Ich liebe diese Socken. Ich hab da ungefähr fünf Paare von. Und immer wenn diese Socken gerade gewaschen sind, tragen die sofort diese Socken, weil das sind die angenehmsten Socken der Welt. Jetzt hab ich vor...
Jetzt hab ich versucht, diese Socken nachzukaufen, musste ich aber auch vergriffen haben und hab jetzt nicht genau diese Socken nachgekauft, sondern relativ dünne Socken aus irgendwelchen Gründen. Die sind so unangenehme der Haut, ich hab die alle wieder weg, also nicht weggeworfen, sondern in die Kleidersammlung gegeben, weil ich diese Socken nicht tragen kann. Ich hab ganz große Probleme mit Socken, weil ich bestimmte Socken überhaupt nicht tragen kann, weil ich die ganz furchtbar finde. Gerade alles, was irgendwie so nylon -mäßig ist, also alles, was irgendwie eher künstlich ist, das geht gar nicht.
Hast du ein Problem mit Sorgen?
Hannah (46:01.349)
Ich hätte immer geantwortet, ich habe kein Problem mit Socken, solange ich Schuhe an habe. Sobald ich auf dem Sofa sitze, habe ich ein sehr großes Problem mit Socken, nämlich einfach damit, dass sie überhaupt existieren. Das vielleicht noch als kleine Zeitnot. Ich würde mich persönlich sehr freuen, wenn ihr, wenn ihr diese Folge gehört habt, mal eure Gedanken mit uns teilen würdet und
Johannes (46:14.858)
Gott, ja, das habe ich auch.
Hannah (46:29.317)
Entweder bei Instagram oder hier auf Spotify können wir ja einrichten, mal so ein bisschen erzählt, wie es euch mit diesen Artikeln gegangen ist, ob ihr euch da vielleicht auch mit anderen ausgetauscht habt oder wie es euch so ergeht. Ich finde es spannend und ich habe alleine schon auf meinem Instagram -Account super viele Reaktionen bekommen und finde es spannend zu hören, was da noch so in euch, in euren Köpfen vorgeht.
Johannes (46:59.226)
auf jeden fall dann sage ich vielen dank fürs zuhören ich hoffe ich habe mich nicht zu oft verquatscht das war heute ein bisschen anstrengend von mir aus habt ein schönes woch er hat ein schön eine schöne woche wir nehmen das am freitag auf deswegen schönes wochenende nein habt eine schöne woche ihr hört am montag ist dahin
Hannah (47:21.413)
Bis zum nächsten Mal. Ciao!